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Wie ich Engel wahrnehme

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Wie ich Engel wahrnehme

Wenn ein Engel den Raum betritt, wird alles still.
Jeder Mensch kennt diese Stille, wenn ein Unglück passiert ist. Ich war mal im Strandbad, als sich ein Kind so schwer verletzte, dass der Notarzt gerufen werden musste. In diesem Moment ging ein tiefes Schweigen durch die Menschenmenge. Während die Menschen nur die Stille wahrgenommen haben, sah ich die großen Engel, die jedem Menschen in Zeiten des Unglücks und der Not beistehen. Gerade wenn die Not am größten ist, steigen besonders hohe Gestalten vom Himmel herab und halten schützend ihre Hand über uns.

Genau wie in solchen Momenten unsere Gedanken zum Stillstand kommen, so kommen auch meine Gedanken zum Stillstand, wenn so ein Bote den Raum betritt. Er betritt nicht nur den Raum, sondern füllt den Raum mit seiner Gegenwart aus und bringt einen Hauch der Atmosphäre des Himmels mit sich.
Diese Boten reden nicht viel. Sie wirken aufrecht und gerade. Man könnte nicht mit ihnen diskutieren. Vor allem ihr Blick ist ganz anders, als ich das von Menschen kenne. Sie schauen in dich hinein und zeigen im selben Moment auch ihr Inneres, das auf der einen Seite sehr beeindruckend ist, aber auf der anderen Seite auf uns Menschen irgendwie beängstigend wirkt. Der Begriff Angst sollte jedoch mehr mit dem Begriff der Ehrfurcht verbunden werden.

Jeder Mensch kann diese Boten spüren, sobald seine Seele geöffnet ist. Die Seele öffnet sich zum Beispiel, wenn wir ein Lied anhören, welches uns berührt und unsere Seele sich in unserem Leib bewegt und auf den Körper eine Gänsehaut zaubert. Es ist ein Schauer, der die Seele in Wallung versetzt. Vom Schauer dieser Boten berichtet zum Beispiel das Alte Testament: „Wie Schneefall in der Sommerhitze, so ist ein Bote aus fernem Land.“

In Gegenwart dieser Boten verschwinden unsere Sorgen und Ängste. Ohne Angst und den sorgenvollen Blick erhalten wir eine völlig andere Sicht auf die Herausforderungen des Lebens. Es gleicht einem besorgten Kind, welches sich in der Gegenwart seiner Eltern sofort wieder zu beruhigen beginnt.

Niemals habe ich diese Boten streng erfahren. Wenn ich etwas an ihrem Wesen als streng bezeichnen könnte, wäre es ihre Geradlinigkeit, die sich durch nichts in der Welt beirren lässt und die Stärke, welche sie ausstrahlen.

Die einzige Strenge habe ich, wie gesagt, erfahren, wenn ich mich in Urteile verstrickte. Wie Jesus im Neuen Testament, treten auch die Engel dem nach Ansicht der Menschen größten Sünder mit Liebe und Toleranz entgegen, während sie mit Schärfe und Entschlossenheit den Urteilen in den Herzen der Menschen entgegentreten.
Erst mit den Jahren, in denen ich für kranke Menschen betete, wurde mir klar, dass hinter jeder Erkrankung ein Urteil gegen den Nächsten zu finden ist. Die Urteile sind die Wurzel des Übels in dieser Welt. Aus diesem Grund duldete weder Christus noch sein Engel jemals ein Urteil.